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antinoos und kalathina

antinoos und kalathina

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Bill Dermacher


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antinoos und kalathina

impressions of grecce on polaroid #12


jeden abend ging die jungfrau kalathina mit ihren 12
schwestern am ufer des nils spazieren. das hatte natürlich seine
gründe. am anderen ufer, auf der sonnenuntergangsseite, konnte
man im letzten licht des tages den verträumten schönen jüngling
antinoos im schilf stehen sehen. hier hing er sehnsuchtsvollen
gedanken nach oder sprach leise mit den weißen reihern, die
seinetwegen immer wieder ihr abendmahl vergaßen. seine
schönheit und sanftmut erweckte in kalathina eine sehnsucht,
welche jede pore ihrer zarten haut zu einem lodernden feuerkern
werden ließ. auch ihre schwestern verzehrten sich unter
heimlichen blicken, wobei jede darauf bedacht war, es keine der
anderen spüren zu lassen.eines abends sahen sie den erträumten
jüngling in begleitung eines zweiten im schilfgürtel des anderen
ufers. es war ein stolzer, athletischer jungsporn, der groß und
muskulös mit der schönheit antinoos konkurrieren zu wollen schien.
er strahlte aber im gegensatz zu dem begehrten träumer eine
wenig einnehmende rohheit aus. als die jungfrauen die beiden hand
in hand sahen, waren sie nicht wenig beunruhigt. ihre gefühle
gerieten in einen wilden strudel, als sie mit ansehen mussten, wie
der starke riese sich mit dem zarten jüngling im liebesspiel vereinte.
als sie aber danach hilflos und ohne sich bemerkbar machen zu
können zu zeugen eines mordes gemacht wurden, verloren sie die
herrschaft über ihre gefühle für alle zeiten.im angesicht des todes,
als agios den ertränkten antinoos nilabwärts treiben ließ, um sich
selbst unter kalten tränen zu entfernen, erstarrten sie zu leblosen
säulen. die tragkraft ihrer sehnsuchtsvollen liebe, die sich mit der
verzweifeltsten empörung zu paaren gezwungen worden war,
dauerte über jahrhunderte und konnte nur von den schwersten
erdbeben erschüttert werden. da sie in der erstarrung auch die
fähigkeit zu spechen einbüßten, erfuhr bisher niemand, was
damals am nil wirklich geschehen war. auch heute noch
bewundert man die karyatiden, ohne den wahren grund ihrer
beeindruckenden kraft zu kennen.
(fgi. 2006)

Kommentare 10

  • Bill Dermacher 2. August 2006, 16:57

    ex-witwe: nein. kein pseudonym. mit vor und zunamen, wie sich das für ein werk der weltliteratur, welches generationen von unglücklich verliebten den mut geben soll, es doch noch einmal zu versuchen, gehört. apropos roman: ich habe ernsthaft schon mal einen text geschrieben, der "roman" heißen sollte. nach der hauptfigur. aber dann hatte ich irgendwie die lust verloren, die restlichen 273 seiten auch noch vollzukritzeln. die ersten 11 seiten habe ich noch. vielleicht wird mal eine satire draus. ;-))
  • Bill Dermacher 1. August 2006, 21:21

    liebe ex-witwe: wenn ich einen roman schreibe, und dessen kannst du dir sicher sein, so wird das natürlich ein liebesroman. er wird dir die tränen der rührung in die augen treiben. und kein mensch wird dir glauben, dass du zwiebeln geschält hast, denn so scharfe zwiebeln gibt es nicht. ;-))
  • Bill Dermacher 31. Juli 2006, 21:07

    frau ali: ich habe selten eine so lebendige skulptur gesehen wie diese. fast fand ich sie noch schöner als den david.

    danke.

    sandra: mach ich doch...aber ein anderes. ;-))

    otto: du hast noch ne sx 70 in der schublade? da gehört die nicht hin! meine ist leider in den ruhestand getreten.
  • Otto Hablizel 31. Juli 2006, 18:28

    wußte ich nicht, daß die Image-Pro das kann. Hab ne alte Image und SX 70 in der Schublade liegen, damit gehts nicht! Durch Zufall habe ich aber festgestellt, daß der time zero- und 600er-film von der Breite her exakt in eine 9 x 12 Planfilmkassette paßt - leider ist das dann etwas umständlich mit der Raus- und Reinfummelei.
  • Sandra Ludewig 31. Juli 2006, 9:22

    das ist deluxe......schreib ein buch!!!
  • Frau Ali 31. Juli 2006, 9:20

    Sie sieht wirklich wie versteinert aus, er hingegen noch ganz lebendig... Aber man ahnt das böse Ende.

    Sie schreiben so schön.
  • Bill Dermacher 31. Juli 2006, 7:48

    bon sai: danke. jetzt ist sie aber leider schon zuende. schade eigentlich...

    otto: freut mich. ja der antinoos sieht dem david ziemlich ähnlich, das finde ich auch...mit der polaroid image pro kann man bis zu fünf belichtungen auf einem bild unterbringen. bisher reichen mir aber die herausforderungen der doppelten belichtung.
  • Otto Hablizel 31. Juli 2006, 7:41

    gefällt mir sehr gut, die rechte Statue erinnernt mich vom Profil her an den David von Michelangelo. Aber wie geht das, Doppelbelichtung auf Polaroid-Integralfilm?
  • Bon Sai 31. Juli 2006, 0:30

    hi bill
    einfach hervorragende serie
    lg tOni
  • Bill Dermacher 31. Juli 2006, 0:11

    doppelbelichtung. aufgenommen im museum von delphi. die geschichte ist frei erfunden.