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Vom Justizpalast mit Blick auf die Schornsteine des Parlamentes

Vom Justizpalast mit Blick auf die Schornsteine des Parlamentes

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† Rupert Joseph


Premium (World), Wien

Vom Justizpalast mit Blick auf die Schornsteine des Parlamentes

Die Gesellen des Hephaistos
Die Schornsteine wurden 1881 vom Bildhauer Hugo Härdtl nach einem Entwurf Hansens modelliert und 1882 von der Fürst Salmschen Eisengießerei Blansko in Mähren gegossen. Es ist kein Zufall, dass Hansen gerade die Gesellen des Hephaistos für den figuralen Schmuck der beiden Schornsteine auswählte, und auch nicht, dass sie aus Metall gefertigt wurden.

Hephaistos ist in der griechischen Mythologie die Personifikation des aus der Erde brechenden Feuers und der Schutzgott der Schmiedekunst, der, gemeinsam mit seinen Gehilfen die Attribute der Götter fertigte: etwa die Rüstung des Ares, die Pfeile des Eros oder das Zepter des Zeus.

Nicht nur zum Schutz des Eisens beantragte Hansen die Vergoldung der sechs Meter hohen Aufsätze und Terrakottareliefs, sondern auch als Element der dekorativen Gestaltung. Die Blattvergoldung – Teil des Polychromiekonzeptes des Architekten für die Außengestaltung des Parlamentsgebäudes – wurde vom Maler- und Anstreichermeister Adolf Frankenstein ausgeführt.

Funktion und Restaurierung der Schornsteine
Ihre ursprüngliche Funktion nehmen die beiden Schornsteine schon lange nicht mehr wahr; die historische Heizkesselanlage ist seit dem Anschluss des Parlamentsgebäudes an das Fernwärmenetz in den 1990er-Jahren nicht mehr in Betrieb.

Ganz ohne Nutzen sind die beiden Kamine aber auch heute nicht: Einer der beiden Schornsteine ist Teil des Reservekesselhauses, der zweite dient – für den Fall des Falles – als "Auspuff" für das Notstromaggregat, das als Teil des Autarkiekonzeptes die technische Unabhängigkeit des Parlaments sichert.

Beide Schornsteine wurden in den letzten Jahren einer umfassenden Restaurierung unterzogen und dabei auch von einem dicken, nachträglich aufgetragenen Farbanstrich befreit.

Große Überraschung bei der Restaurierung
Dass die kompletten, 5,8 Meter hohen gefertigten Schornstein-Aufsätze einschließlich des mächtigen ionischen Kapitells mit seinen Muschelvoluten, Palmetten, Blattornamenten und Löwenköpfen, tatsächlich aus Gusseisen und nicht etwa aus Stein oder Terracotta sind, mochte man zuletzt kaum glauben. Die Täuschung war darauf zurückzuführen, dass die Gussbestandteile, die ursprünglich alle blattvergoldet waren, im Zuge früherer Restaurierungsarbeiten mehrfach übermalt worden waren, zuletzt mit einer beigen, an Stein erinnernden Farbe. Nur der aus Schmiedeeisen gefertigte, korbartige Funkenfänger war originalgetreu schwarz geblieben.

Aufsätze beim Abnehmen in äußerst schlechtem Zustand
Die Restaurierung der rund 110 Jahre alten Schornstein-Aufsätze wurde in einer Werkstätte unter Einbeziehung des Bundesdenkmalamtes durchgeführt. Der Zustand der Aufsätze war, wie das Restauratorenteam rund um Elisabeth Krebs feststellen musste, noch schlechter als ursprünglich angenommen. Witterungseinflüsse und fortschreitende Korrosion hatten den Metallbestandteilen arg zugesetzt. Trägerkonsolen waren gebrochen, bei den Figuren gab es dicke Rostaufplatzungen.

Parallel dazu wurden die mehr als 25 Meter hohen Ziegelaufbauten der Kamine saniert. Außerdem galt es, die beiden Keramikreliefs mit Löwenköpfen und Girlanden, die sich an jedem der beiden Kaminschäfte befinden, wieder in den Originalzustand zu versetzen.

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Exif

Kamera E-M1
Objektiv OLYMPUS M.75-300mm F4.8-6.7 II
Blende 10
Belichtungszeit 1/640
Brennweite 187.0 mm
ISO 250