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Andreas Henschel


Premium (Basic), Rüti ZH

Begegnungen

Mein Beitrag zur Fotoausstellung 50 Jahre Fotoclub Rapperswil-Jona mit dem Clubthema "Begegnungen". Ich hoffe, euch gefällt's.
Kann man die Begegnungen erkennen?
Erzählt das Bild eine Geschichte?
Weckt das Bild Gefühle?

Kommentare 9

  • Pixelfärber 8. März 2015, 1:37

    Ein Verlobungs- oder Ehering? Das wäre schon mal eine Stütze für eine Interpretation. Aber noch kein stabiles Dreibeinstativ. :-)

    Vielen Dank fürs Feedback und die Erläuterungen. Ich hatte schon befürchtet, Dich mit meiner ausführlichen Kritik zu verärgern. Mir ging es aber lediglich um eine möglichst klare Begründung meiner Einschätzungen, das kann auch oberlehrerhaft klingen oder wirken wie lustvolles Bohren in vermeintlichen Schwachstellen. Meine Buddys wissen, dass das nicht so gemeint ist, und sie wissen, dass auch ich gerne Kritik unter meinen Fotos lese. Dabei mache ich überwiegend konventionelle Fotos, da gibt es nicht viel zu diskutieren. Viel interessanter sind Bilder, wo einer was ausprobiert und riskiert. Nochmals Danke, hat mich sehr gefreut.
  • Andreas Henschel 7. März 2015, 22:56

    @Pixelfärber
    Danke für die sehr ausfühliche Kritik, die ich übrigens als positiv empfinde. Die Antwort auf deine Fragen, was die Umsetzung anbelangt:
    Es waren mehrere Versuche nötig. Ich fragte mich, ob ich meine Garage nach jedem Versuch kehren sollte. Ich tat es dann nicht. Die Aufnahmen waren nicht gefährlich, denn die Kamera stand in Bodennähe auf einem Stativ, ausgelöst per Fernauslöser. Die Scherben flogen auch nicht besonders weit - ich hatte eine Vorkehrung getroffen, dass sie nicht so weit fliegen konnten. Aber: die Garage war in dieser Ecke schon lange nicht mehr so sauber nach der Aufnahme...
    Die Lichtverhältnisse waren gestellt und damit verhältnismässig einfach. Ein entfesselter Systemblitz ist die einzige Lichtquelle.
    Meine Frau half mir, die Flaschen zu werfen, wobei diese an einem feinen Nylonfaden befestigt an die Wand fuhren. Sie musste also nicht zielen, sie musste nur ordentlich 'fahren lassen'. Die Szene ist also komplett gestellt und ist zunächst in meinem Kopf entstanden.
    Du siehst auf dem Bild nur Glas und Beton, also keinen Fahradlenker und auch keinen Kugelschreiber. Die Farbe habe ich hinterher per Bildbearbeitung eingefügt. Wurde kritisiert und ich kann es auch nachvollziehen. Das Bild wirkt meiner Meinung nach auch ohne Farbe, aber ich fand, dass die Farbe die Szene unterstreicht.
    Was noch das Gefühl und die Geschichte anbelangt: ich hatte mich beim Lesen deines Kommentars gefragt, was wohl passiert wäre, wenn dort auch ein Ring gelegen wäre.
    Nochmals herzlichen Dank für die Auseinandersetzung.
    A.
  • Pixelfärber 7. März 2015, 18:10

    Versuch einer für die FC ungewöhnlich ausführlichen Kritik

    - Kann man die Begegungen erkennen?

    Nach meinem Sprachgefühl gehört zu einer Begegnung mindestens ein handelndes Subjekt wie ein Mensch oder ein Tier (im Grenzfall mag das auch ein Roboter sein). Ein Stein, der vom Berghang herab auf ein Dach fällt, begegnet dem Dach nicht. Auch ein Stein, der von einem Menschen mit voller Absicht gegen eine Fensterscheibe geworfen wird, begegnet der Fensterscheibe nicht. Nicht das Auto hat eine Begegnung auf der Straße, sondern der Mensch im Auto.

    Treffend und aufschlussreich hingegen ist die Mehrzahl. Zahlreiche kaputte Gläser liegen schon auf dem Boden, aber oben in der Luft fliegen weiterhin die Scherben. Da wird mehrmals geworfen. Das kann kein Unfall sein, das ist Absicht.

    - Erzählt das Bild eine Geschichte?

    Die Lichtverhältnisse lassen auf schwierige Aufnahmebedingungen schließen. Vermutlich waren mehrere Versuchswürfe notwendig, um den Einfrierungseffekt zu erreichen, auch der große Scherbenhaufen lässt darauf schließen. Einfach war das bestimmt nicht und so ganz ungefährlich vielleicht auch nicht. Doch das ist eine Geschichte der technischen Durchführung.

    Meines Erachtens kann ein einzelnes Foto keine Geschichte erzählen (Ausnahmen: Montage, Mehrfachbelichtung, etc.), weil zu einer Geschichte eine sequentiell ablaufende (nicht unbedingt chronologisch erzählte) Handlung gehört. Eine Momentaufnahme kann keine sequentiell ablaufende Handlung darstellen, aber sie kann den Betrachter zum Erzählen anregen, indem sie ein Vorher und ein Nachher andeutet. (Die Andeutungen können auch symbolischer Art sein).

    Da dieses Foto durch Überlagerung von mehreren Fotos entstanden ist, wäre - rein theoretisch - eine Geschichte darstellbar gewesen. Das kann ich mir bei diesem Motiv allerdings kaum vorstellen. Was mir hier fehlt, ist ein Anknüpfungspunkt fürs Erzählen. Dass die Scherben im nächsten Moment auf den Boden fallen werden, ist ein Naturgesetz und keine Geschichte. Das Foto zeigt zwar, dass absichtlich geworfen wurde, aber es findet sich kein Hinweis im Foto, warum es dazu kam. Das ist die erste Frage, die ich mir als Betrachter stelle und für die ich nach einer Erklärung suche. Doch ich finde nichts von Bedeutung, das ich deuten könnte. Eine Geschichte kann ich erst schreiben, wenn ich genug Stoff habe, mit dem ich spinnen kann. Auch die thematische Vorgabe durch den Titel "Begegnungen" taugt nicht als Anregung zum Erzählen. "Missglückter Polterabend" wäre etwas anregender, aber der Titel war vom Fotoclub vorgegeben.

    - Weckt das Bild Gefühle?

    Ja, ablehnende. Das ist aber keine Wertung des Fotos, sondern eine Wertung des Geschehens. Ein Foto kann Empörung, Entsetzen, Ekel oder Ähnliches auslösen, muss aber deswegen kein schlechtes Foto sein. (Zweck und Kontext sind für die Akzeptanz entscheidend.)

    - Form und Inhalt

    Die Diagonale teilt das Bild in zwei gleichgroße Teile. Der Abstand rechts zum oberen Bildrand entspricht dem Abstand links zum unteren Bildrand. Auch die Farbverteilung vom Bläulichen zum Rötlichen ist ausgewogen. Die Senkrechte (die kaputte Flasche) ist nach der Drittelregel positioniert und befindet sich in der Schärfe. Das ist alles ordentlich gemacht und die ästhetische Gestaltung ist unübersehbar, was aber dem Inhalt widerspricht. Ein nüchterner Fotograf, der in nächster Nähe zu den (vielleicht sogar betrunkenen) Tätern deren Zerstörungswut ästhetisch gestaltet? Das ist wenig glaubwürdig. Ich gehe davon aus, dass das Foto spontan inszeniert wurde.

    Ein oder zwei unerwartete Dinge auf dem Boden, eine sonderbare Gestalt im Hintergrund, ein irgendwie passendes Graffiti an der Wand, oder andere Zugaben können Assoziationen auslösen, die zu Annahmen verleiten, die zur Interpretation drängen, im Idealfall zu verschiedenen Interpretationen, nicht aber zu beliebigen, an den Haaren herbeigezogenen. Man muss sich in die Rolle des Betrachters hineinversetzen und abwägen, die Zugaben müssen auffallen, dürfen aber nicht plakativ wirken. (Ich gebe zu, dass ich selbst bisher noch nichts inszeniert habe.)

    Auf der Suche nach einer Erklärung für das Geschehen sind mir zwei Dinge aufgefallen: Was da links unten aus der Ecke ins Bild hineinragt, könnte ein Fahrradlenker sein. Das würde zwar nicht das Geschehen erklären, könnte aber immerhin als Hinweis auf mögliche Unfallfolgen dienen. Vermutlich bilde ich mir den Fahrradlenker aber nur ein. In der Nähe der Bildecke rechts unten liegt möglicherweise ein Kugelschreiber mit Zierring, wahrscheinlich aber ist es nur eine Scherbe. Wäre es ein Kugelschreiber, würde ich annehmen, dass er beim Werfen auf den Boden gefallen ist. Doch als Anknüpfungspunkt für eine Geschichte wäre mir der inhaltliche Bezug zu der Glaszertrümmerung zu vage und als plumbe Aufforderung, eine Geschichte zu diesem Foto zu schreiben, möchte ich den Kugelschreiber nicht deuten.
  • motorhand 6. März 2015, 15:39

    Ja, der Austausch und Dialog fehlt mir hier auch oft.
    Dafür wird lieber stundenlang das Forum vollgeschrieben.

    Es macht Spaß sich mit einem Bild tiefer zu beschäftigen. Aber das mache ich natürlich nur bei Leuten die ich kenne, oder die diesen Wunsch deutlich machen. Und dazu muß man ja auch erstmal ein Bild haben, bei dem Meinungen gebildet werden können. Leider recht schwierig hier in der Flut solche Berührungspunkte zu finden.
  • Andreas Henschel 6. März 2015, 15:23

    @motorhand:
    Es ging in diesem Bild lediglich darum, das Thema Begegnungen umzusetzen. Ob das Bild ein Gefühl auslöst, das ist eben eine Frage und gar nicht sicher.
    Ich sehe deinen Punkt, dass Fragen, Diskussionen im Forum und Titel die Bewertung beeinflussen und dass man damit sorgfältiger umgehen muss. Ich hatte die Fragen bei der Einstellung des Bildes hinzugefügt, weil ich eine Grundlage für eine echte Diskussion legen wollte und Bewertungen à la +++ oder --- vermeiden wollte. Möglicherweise war das falsch!

    Wenn sich zwei Werkstoffe begegnen, dann ist das ein technischer Prozess - ohne Zweifel. Ich behaupte, dass jeder weiss, wie ein zerspringendes Glas klingt, weil in Gegenwart eines jeden schon ein Glas das Zeitliche segnete... Ich selber habe bei diesem Vorgang ein gewisses Gefühl, das in die Richtung "Oh nein, nicht schon wieder!" oder "muss das sein...?" geht. Ich (!) schliesse daraus, dass ein solches Bild durchaus ein Gefühl regen kann. Aber es gibt natürlich diejenigen, die einfach einen Scherbenhaufen sehen und sich fragen, was das denn soll...

    Ich muss sagen, dass mich eine Diskussion wie diejenige mit dir sehr freut und dass ich das als seltenes Phänomen hier in der fc sehe. Natürlich freut es mich, wenn dir das Bild auch gefällt, aber viel wertvoller ist der kritische Umgang damit, auch zu sehen und zu suchen, was nicht funktioniert oder was nicht so gelungen gemacht ist.
  • motorhand 6. März 2015, 8:16

    Doch mir gefällt das Bild an sich schon, aber nicht als Emotionsträger.
    Du hast dir einiges an Gedanken gemacht und der weite Weg, der zu diesem Bild geführt hat ist eine schöne Auseinandersetzung mit einer gestellten Aufgabe.
    Allerdings finde ich ich, daß die Umkehrung nicht funktioniert, also daß sich zwei Werkstoffe begegnen ist ein technischer Prozess und entfernt mich weit von einer Gefühlswelt.
    Sicherlich war es neben den Mensch/Tier-Bildern das am meisten beachtete/polarisierende Bild und somit ist deine Rechnung aufgegangen.
    Und das bestätigt auch meine Annahme, daß eine Bewertung auch vom Zusammenhang beeinflußt wird, und dazu zählt jetzt natürlich auch die Diskussion im Forum.
    Ohne die Stichworte Begegnung und Gefühl (stimmt, kann auch negativ besetzt sein) hätte es natürlich eine ganz andere Beschäftigung mit dem Bild gegeben.
  • Andreas Henschel 5. März 2015, 22:59

    Danke motorhand, danke XYniel für die Analyse. Beiden Kommentaren entnehme ich, dass euch das Bild nicht gefällt. Muss es auch nicht, aber ich bedanke mich sehr für die Analyse. Allein, ein 'Urteil' wurde nicht gefällt, aber wie ich schon schrieb, das Urteil geht m.E. hervor.

    Etwas Hintergrund: Im Kontext eines Clubthemas überlege ich mir immer, was denn 'normalerweise' so abgegeben werden könnte. Zwei Menschen, die sich begegnen, lag für mich auf der Hand, eine Begegnung zwischen Mensch und Tier, zwischen zwei Tieren ebenfalls, die auch prompt von anderen Mitgliedern umgesetzt wurden. Ich versuche dann, einen etwas weniger offensichtlichen, einen etwas weniger ausgetreteneren Standpunkt einzunehmen. Ich produzierte übrigens 3 deutlich verschiedene Bilder zum Thema, wovon ich eines nach meiner Analyse auswählte. Allerdings besprach ich die Auswahl mit Menschen, die mich kennen und deren Aussage ich einordnen kann.

    Bei diesem Bild ging es mir um die Begegnung zweier Materialien. Feuer und Wasser war für mich dann zu offensichtlich und so wollte ich ein Bild mit einer gewissen Dynamik, einer gewissen Kraft, durchaus auch mit einer gewissen Zerstörung. Das Offensichtliche in diesem Bild - welch Überraschung - ist die Begegnung von Glas mit Beton, also zwei harten Materialien, von denen eines nachgibt und zerschellt. Mir ging es darum, den Prozess des Zerschellens an der Betonwand darzustellen. Aus diesem Grund entschied ich mich, mehrere Bilder zu überlagern. (Standardaufnahme?)
    Mir gefiel der Gedanke daran, dass dieser Aufprall des Glases auf Beton eben aus verschiedenen Gründen passieren kann. Waren es feiernde Leute, die achtlos eine Flasche wegwerfen (was mich immer als Radfahrer sehr nervt), ist es aus Streit, wenn man aneinandergeraten ist? Oder wird hier etwas 'an die Wand gefahren'? Hier wollte ich etwas offen lassen für die Interpretation des Betrachters und die Antwort eben nicht vorgeben. Die zweite Ebene der Begegnung findet also ausserhalb des Bildes statt.

    Ich habe lange mit mir gerungen, aber ich wollte mit dem Blau und Rotton zwei Gegensätze ins Bild bringen, um die Begegnung von warm und kalt zu unterstreichen und einen Anstrich einer Gassenszene zu geben. Offenbar ist das bei motorhand und bei XYniel nicht angekommen. Das ist eine wichtige Rückmeldung für mich, weil ich durchaus die Rückmeldung erhielt, dass das Bild ohne Farbe ebenfalls wirke - was aber voraussichtlich hier in der fc auch verneint wird.

    Ich fand den Einwand auch interessant, dass eine Begegnung eher positiv zu sein hat, nicht destruktiv. Nun: die Begegnung von Politikern, Sportlern und Kriegsparteien, Tieren sind oft nicht positiv. Dennoch sind es Begegnungen, jedenfalls für mich.

    Um die Frage "und nun?" von XYniel zu beantworten: jetzt müsste man die Ergebnisse der Analyse bewerten und sich z.B. die Frage stellen, ob das Thema "Begegnungen" getroffen ist, ob es die beabsichtigte Wirkung zeigt, ob z.B. der Zeitgeist getroffen ist, usw. usf.

    Was in diesem Zusammenhang dazu kommt: man müsste das Bild vielleicht in einen Kontext setzen. Was haben andere zum Thema gemacht? Allein die fc hat mehrere oder zumindest genügend Vergleichsbilder vorrätig.

    Sind meine Ausführungen verständlich?
  • XYniel 5. März 2015, 4:11

    was ich sehe ist
    eine linie von links unten nach rechts oben durch kante betonwand/boden
    ein farbverlauf vonm bläulichen zum rostbraun/rot mit helligkeitseinfall
    ein schärfeverlauf von links...rechts
    sich -gerade- zerstörende glasflasche (n) , leer, linke untere eckenbereich
    mit hoher 1/t, da eingefroren
    2 fragmente "ron"
    klassisches querformat
    betitelt mit Begegnung

    technische standartaufnahme

    Interpretation:
    begegnung...aufeinandertreffen...zusammen kommen...räumlich oder geistiges treffen...entgegen gehen...miteinander...

    begegnung 2er flaschen
    begegnung eines depressiven mit sich selbst
    begegnung zweier partygäste, die sich ihrer keerer flaschen entledigen
    erschrockene begegnung zweier personen
    aggressive begegnung
    bei begegnung zielschiessen zweier
    freudige begegnung zweier perdonebn
    begegnungen sind dekonstruktiv
    begegnungen zerstören altes...
    begegnung mit betonwand
    begegnung mit "betonwand"

    ...


    und nun?



  • motorhand 4. März 2015, 15:21

    Sieht ja eher wie eine Trennung aus.
    Jedenfalls keine Begegnung, außer das rein physikalische ist gemeint.
    Der Farbverlauf von blau nach rot sieht unnatürlich aus, auch wenn das Licht so gewesen ist.
    Wenn es eine Studie über umherfliegende Scherben sein soll, dann finde ich das Bruchbild in der Aufnahme nicht besonders spannend, weil die meisten Scherben am Boden liegen.
    Vielleicht wäre es intensiver wenn nur eine Flasche beteiligt wäre, allerdings wäre ich dann auch eher beim Thema Frust etc.
    Mit Begegnung verbinde ich eher etwas positives und nicht zerstören und verschmutzen.
    Ich könnte mir zum Beispiel auch im Hintergrund rechts oben noch etwas angedeuteden Kontext vorstellen, wie zum Beispiel einen entgegenkommenden Schuh oder weggeworfenen Zettel.
    Fotografisch sicher recht anspruchsvoll bis Belichtungszeit und Beleuchtung eingestellt waren.
    Aber um Gefühle zu wecken ist es für mich etwas zu technisch, auch wenn die Betonwand gut gewählt wurde.