DRI
Was ist DRI?
Dynamic Range Increase heißt das Zauberwort. Zauber deshalb, da wir mit dieser Bildbearbeitungstechnik den Dynamikumfang unserer Aufnahmen aus Digitalkameras verbessern können. Und das ohne Firmware Hack! Der Begriff DRI stellt dabei einen Oberbegriff für z.Zt. zwei mögliche bekannte Verfahren dar. Zum einen das direkte Überblenden von verschiedenen Belichtungen mit Hilfe von Ebenen und Masken (Exposure Blending), zum anderen die Erzeugung von HDR (High Dynamic Range) Dateien und anschliessendem Tone Mapping. Mehr dazu weiter unten.
Jeder hat es schon erlebt: Eine wunderschöne Nachtaufnahme mit einer Belichtungszeit von 30 Sekunden. Sieht immer toll aus. Blende schön zu, damit das Foto scharf wird bis in die letzte Ecke. In der Regel klappt das prima, es sei denn wir haben es hier und da mit hellen Lichtquellen zu tun. Dieses helle Licht wollte eigentlich nicht so lange belichtet werden, der Rest des Bildes schon. Das Ergebnis ist dann ein hässlicher, ausgefranster, weggebrochener Lichtfleck im ansonsten schön belichteten Foto ohne jegliche Struktur.
An den Beispielbildern kann man das erkennen. 1. Aufnahme ohne Bearbeitung, 30 sec.
Das zweite Bild zeigt das Ergebnis nach der DRI-Bearbeitung.
Durchführung des DRI
Zur Erhöhung des Dynamikumfangs eines Bildes gibt es verschiedene, mehr oder weniger elegante Möglichkeiten. Anfangsvoraussetzung für die meisten Verfahren ist eine Belichtungsreihe bei der jedes Bild mit einer anderen Belichtungszeit aufgenommen wird. Blende, Brennweite und die Kameraposition sollten dabei möglichst nicht verändert werden. Die Belichtungszeiten sollten so gewählt werden, dass es für jeden Bereich, sei es nun ein Licht, oder eine dunkle Partie, eine Aufnahme gibt, auf der der Bereich optimal belichtet ist. Es empfielt sich einige Aufnahmen mehr zu machen, beginnend von leichter Überbelichtung, bis zu Aufnahmen die Tatsächlich nur noch die Lichter (Leuchtmittel) zeigen. Als Beispiel für die Durchführung des DRI sei auf zwei Verfahren hingewiesen:
Erstes Verfahren: Überlagerung ausgewählter Bildausschnitte (Exposure Blending)
Nachfolgend wird die Methode des Exposure Blendings beschrieben. Alternativ und deutlich komfortabler lässt sich das aber auch softwaregesteuert mit
diesem Freeware-Tool (http://www.traumflieger.de/desktop/DRI/dri_tool.php)
oder den ebenfalls kostenlos verwendbaren Belichtungskombinationen von Photomatix Pro (http://hdrsoft.com/de) erledigen.
Die Idee bei der Überlagerung ausgewählter Bildausschnitte aus den verschiedenen Fotos der Belichtungsreihe ist eigentlich relativ einfach: Man beginnt mit dem am längsten belichteten, also hellsten Bild. Anschließend legt man die nächst dunklere Aufnahnme in einer separaten Ebene darüber. Man fährt fort, bis die dunkelste Belichtung als Ebene eingelesen ist. Auf diese Weise bekommt man ein Bild, welches z.B. aus fünf oder sieben Ebenen besteht.
Nun beginnt man mit der oberen dunklen Ebene und wählt die Lichter aus (PS hat dazu eine Funktion in Gimp wählt man nach Farbe und klickt ins dunkle). Bei dieser ersten Auswahl sollte eine relativ schmale Auswahlkante eingestellt sein, da nur relativ wenige Lichter ausgewählt werden.
Nun wird eine Ebenenmaske basierend auf der bestehenden Auswahl gebildet. Somit werden jetzt nur noch die Lichter dieser Ebene dargestellt und die unterbelichteten Bereiche werden "maskiert".
In gleicher Weise verfährt man mit den weiter darunterliegenden Ebenen, wobei die Auswahlkante jeweils etwas breiter gewählt wird. Damit erzeugt man weiche Übergänge zwischen den Ebenen und vermeidet sichtbare Kanten. Auch der Wert für die Lichter kann leicht angepasst werden, da man ja immer mehr Fläche auswählt je heller die Belichtung ist.
Die Verwendung der Ebenen in Verbindung mit der Ebenenmaske hat den Sinn, das ganze nachträglich ändern zu können, wenn das Ergebnis noch nicht optimal erscheint. Eine Maske ist schnell gelöscht und mit etwas geänderter Auswahlkante neu erstellt.
Treten trotz dieser Verfahrensweise noch Kanten hervor kann man die jeweiligen Ebenen mit einer Transparenz versehen, sie also nur Teilweise in das Bild einrechnen lassen (oder man hätte ruhig noch eine Belichtung mehr machen sollen).
Das ganze sollte man ruhig 20 mal üben um einen Begriff von den Werkzeugen Auswahlkante, Transparenz oder Ebenenmaske zu bekommen. Nicht verzagen, wenn zunächst nicht zufriedenstellende Ergebnisse herauskommen. Zudem sei angemerkt, dass verschiedene Motive auch leicht unterschiedliche Werte verlangen. Die absolute Nachtaufnahme mit dunklem Himmel und Industrieanlage (hohe Dynamik) benötigt mehr transparente Ebenen als z.B. Aufnahmen zur blauen Stunde, wenn noch ausreichen Resthelligkeit vorhanden ist (weniger hohe Dynamik).
Wer Lust hat, kann das einfach mal ausprobieren, es kostet Dank der Digitaltechnik ja nicht mehr als die Zeit.
Nachteil des Verfahrens kann sein, dass aufgrund der Ineinanderkopiererei der verschiedenen Bilder auch trotz geglätteten Auswahlkanten an den Übergängen Schatten und Ränder entstehen. Daher gibt es in der professionellen Bildbearbeitung noch ein weiteres DRI-Verfahren:
Zweites Verfahren: HDR/Tonemapping - Berechnung der realen Lichtintensität (HDRI erzeugen) und anschließende Kompression (Tonemapping)
Auch wenn es auf den ersten Blick etwas kompliziert aussieht, ist es doch mit relativ einfachen Mitteln möglich, die während des Zeitpunkts des Fotografierens herrschenden Lichtverhältnisse aus den verschiedenen Bildern der Belichtungsreihe zu berechnen. Anhand der relativen Helligkeitswerte der einzelnen Bildpunkte untereinander ist es dann möglich, ein neues Bild zu erstellen, in dem das komplette Helligkeitsspektrum auf den in der Bilddatei darstellbaren Bereich "zusammengestaucht" wird.
Die ursprüngliche Idee des Verfahrens stammt von Paul E. Debevec und Jitendra Malik und ist zusammen mit den Vorteilen des Verfahrens auf der Hompage von P. E. Debevec (http://www.debevec.org/Research/HDR/) sehr detailliert beschrieben.
Stark vereinfacht gehen Debevec und Malik davon aus, dass die Helligkeit eines Bildpunktes das Produkt aus der realen Helligkeit des Punktes und der Belichtungszeit ist. Dividiert man diese Gleichung durch die Belichtungszeit, kann man von der Helligkeit des Bildpunktes auf die reale Beleuchtungssituation zurückschließen. Als tatsächliche Helligkeit eines Bildpunktes wird dann ein gewichtetes Mittel der Summe aller berechneten Helligkeitswerte des Punktes in den verschiedenen Bildern angenommen. Dabei wird der Prozentsatz, zu dem ein Helligkeitswert in die Summe eingeht davon abhängig gemacht, in welchem Bereich des darstellbaren Farbraums sich der Punkt befindet. Werte aus Bildern, an denen der Punkt überstrahlt ist oder in der Dunkelheit absäuft, werden dabei natürlich nur mit einem sehr geringen Anteil eingehen, während mittelhelle Werte stärkeren Einfluss ausüben.
In der Realität ist das Verfahren natürlich noch ein wenig aufwändiger, da in der Regel kein linearer Zusammenhang der Tonwerte der Ausgangsbilder zu den realen Farbwerten besteht. Ganz im Gegenteil ist es sogar so, dass dieser Zusammenhang von Kamera zu Kamera unterschiedlich sein kann, weshalb in das Verfahren noch eine individuelle Transformationsfunktion hineingerechnet wird.
Zum Glück muss man diese Berechnungen aber nicht alle selbst durchführen, sondern kann dies von Softwareprogrammen erledigen lassen, welche es zum Teil sogar kostenlos gibt. Ein Beispiel hierfür ist HDR Shop (http://www.hdrshop.com/), dessen Version 1 zu nicht-kommerziellen Zwecken kostenlos zum Download steht.
Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass durch die Summierung der Daten aus mehreren Bildern für jeden Bildpunkt ein evtl. vorhandenes Rauschen in den Bildern minimiert wird. Auch entstehen hier keine Übergangsränder an Stellen, an denen Teile aus einem anders belichteten Bild eingefügt wurden.
Eine solche HDR Datei lässt sich aber zunächst auf handelsüblichen Monitoren nicht zufriedenstellend anzeigen oder ausdrucken. Aufgrund des sehr hohen Kontrastumfangs der HDR Datei, den normale Monitore nicht vollständig darstellen können, brechen scheinbar doch wieder die Lichter weg, bzw. laufen die Schatten scheinbar zu. Die HDR Datei enthält aber alle Details in Lichtern und Schatten, wir können diese nur noch nicht sehen. Um diese nun sichtbar zu machen, muss der große Kontrastumfang der HDR Datei (typisch: ca. 100.000:1) in den kleineren Kontrastumfang unseres Bildschirms/Druckers (üblich ca. 500:1) "hineingequetscht" werden. Man spricht von Dynamikkompression.
Zur Dynamikkompression können verschiedene Methoden angewendet werden und es gibt einige in Qualität der Ergebnisse oder Bedienbarkeit zu unterscheidende Implementierungen am Markt. Einfache und schnelle Implementierungen bedienen sich der globalen Kontrastanpssung, das gesamte Bild wird dabei über "einen Kamm geschoren" (ähnlich einer Gradationskurve wie wir sie aus z.B. Photoshop kennen). Fotografisch ansprechende Ergebnisse erzielen meist die aufwändigeren Verfahren, die sich der sogg. lokalen Adaption (lokale Kontrastanpassung) bedienen. Einige Hersteller sprechen hierbei vom "Tone Mapping". Je nachdem wie kunstvoll dieses ausgeführt wird, entstehen Bilder in denen dann alle Details in Lichtern und Schatten erkennbar sind, auch auf üblichen Monitoren und Drucken.
Leider führen die Links auf der Homepage von Paul E. Debevec ins Leere.
Stativ ist Pflicht
Eines ist für die sinnvolle Weiterbearbeitung unbedingt zu beachten: Alle verwendeten Bilder müssen deckungsgleich aufgenommen worden sein! Das heißt, dass man nicht einfach so aus der Hand oder aufgestützt mehrere Fotos machen sollte, sondern am besten auf einem stabilen Stativ und mit Fernauslöser (z.B. der gute alte Drahtauslöser oder eine Fernbedienung).
Muß man zwischen den Aufnahmen von Hand die Belichtungszeit verstellen sollte man ganz vorsichtig vorgehen. Bei den SLR's macht es Sinn wenn möglich die Spiegelvorauslösung zu aktivieren.
Noch besser ist es, wenn die Camera in einem Durchgang (d.h. ohne sie berühren zu müssen) eine Belichtungsreihe machen kann. Dann sind durch die Kürze der Aufnahmezeit (insgesamt u.U. unter 1 Sekunde) evtl. auch im Bild befindliche Personen noch in etwa an der selben Stelle zu sehen.
Motive mit bewegten Objekten
Generell Schwierigkeiten bereiten Motive mit bewegten oder sich bewegenden Objekten, wie z.B. laufenden Personen oder Tieren, flatternden Fahnen, etc (siehe oben). Unter gewissen Voraussetzungen ist es jedoch möglich auch derartige Motive mit geeigneter Software zu meistern.
DRI mit nur einer Aufnahme?
Bei Kameras, die sogenannte RAW-Dateien speichern können, hat man oft die Situation, dass dieses RAW-Format einen größeren Dynamikumfang unterstützt als das bei normalen JPG-Dateien der Fall ist. Die meisten Bildbearbeitungsprogramme im Amateurbereich unterstützen nämlich nur 8 Bit (d.h. 256 Helligkeitsstufen). Das (unkomprimierte!) Nikon-RAW-Format NEF z.B. verfügt über einen Helligkeitsumfang von 12 Bit, was 4096 Helligkeitsstufen entspricht (komprimierte Nikon NEF Dateien verfügen, je nach Kameramodell, nur zwischen 567 und 683 Helligkeitsstufen). Daher kann man mit nur einer Aufnahme bereits mehr Dynamik erreichen und dann später in Ruhe am PC DRI anwenden. In aller Kürze:
- Aufnahme im RAW-Modus machen
- jetzt mehrfach ...
- mittels der Software des Herstellers (oder Fremdprodukten) das Foto öffnen
- die Parameter entsprechend verstellen
- und das Ergebnis im Format 16-Bit-Bildformat speichern
- die Dateien in der "normalen" Bildbearbeitung öffnen und gemäß DRI (siehe den Link oben) bearbeiten
Allerdings sollte man sich bei dem Verfahren im Klaren darüber sein, dass man durch diese Technik nur die Farbinformationen sichtbar machen kann, die in der einen RAW-Aufnahme bereits vorhanden waren. Das gleiche Ergebnis erhält man im Grunde auch durch eine einfache Stauchung des Histogramms, allerdings gehen hier wesentlich mehr der ursprünglichen Informationen in das neue Bild ein und die einzelnen Helligkeitsstufen werden nicht relativ zueinander verzerrt.
Daher funktioniert die DRI aus einem RAW nur auf manuellem Wege. Versucht man die Dateien, die von der gleichen RAW-Aufnahme stammen, in Photoshop als HDR zusammen zu führen, wird eine Fehlermeldung generiert, dass die Ausgangsdaten zu wenig Unterschiede aufweisen und eine 'High Dynamic Range' Aufnahme aus oben bereits genannten Gründen nicht möglich ist. Um ein wenig zu üben oder sich die Zeit zu vertreiben ist DRI aus einem RAW aber sicherlich eine interessante Alternative. Und machmal bleibt einem kaum eine andere Wahl, bei Motiven mit sich bewegenden Elementen darin zum Beispiel.
Seit der Version 2.3.1 unterstützt die Software Photomatix Pro die Verarbeitung einer einzelnen, oder auch mehreren, Aufnahme(n) im RAW-Format direkt. Dazu wird die RAW-Datei einfach in Photomatix Pro geöffnet und einem interaktiven Tone Mapping unterzogen. Wie bereits in früheren Versionen kann man in der Batch-Verabeitung sogar mehrere Dateien in einem Durchgang, z.B. über Nacht, verarbeiten lassen. Man spart sich die Zwischenschritte über einen externen RAW-Konverter.
Weblink
Weitere Infos zum Thema DRI
- FAQ zu HDR/Tonemapping (http://www.hdrsoft.com/resources/dri.html) speziell auf fotografische Belange ausgerichtet (englisch)
Software zur Durchführung von DRI
- Jasper's DRIMaker (http://www.DRIMaker.com) DRI Programm für Mac OSX mit live-Vorschau.
- Traumflieger DRI-Tool (http://www.traumflieger.de/desktop/DRI/dri_tool.php) DRI mit wenigen Mausclicks.
- FDRTools (http://www.fdrtools.com) Erstellung von HDRIs und Dynamikkomprimierung (tone mapping), moving objects
- Photomatix Pro (http://www.hdrsoft.com/de) Erstellung von HDRIs, Tonemapping und automatischen Exposure Blendings in einer Oberfläche (Mac OS X + Windows)
- HDR Projects Platin (http://www.hdrprojects.de/hdr-projects-stellt-sich-vor//) Erstellung von HDRIs, Tonemapping (Mac OS X + Windows)
- HDR Projects Professional (http://www.hdrprojects.de/hdr-projects-professional-stellt-sich-vor//) Erstellung von HDRIs, Tonemapping (Mac OS X + Windows)
- Picturenaut (http://www.dslr-forum.de/showthread.php?t=61750) von Marc, HDRI über Tonemapping mit 'Adaptive Logarithmic' oder 'Photoreceptor Physiology' erzeugen
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